DIvB begrüßt urbane Nachverdichtung als Ansatz zur Linderung der Wohnungsnot
In der laufenden Legislaturperiode will die Bundesregierung 1,5 Millionen neue Wohnungen schaffen und so die Wohnungsnot mildern – ein ehrgeiziges Ziel, zumal gerade in den Städten ein Mangel an geeigneten Freiflächen herrscht. Eine Studie der Technischen Universität Darmstadt und des Pestel-Instituts Hannover hat die Möglichkeiten untersucht, vorhandene Flächen zusätzlich für Wohnungsbau zu nutzen und bestehende Gebäude aufzustocken. Durch die so genannte urbane Nachverdichtung könnten laut „Deutschland-Studie 2019“bis zu 2,7 Millionen Wohneinheiten entstehen.
„Die Nachverdichtung der vorhandenen Bebauung ist ein guterAnsatz, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen“, sagt derGeschäftsführer des Deutschen Instituts für vorbeugenden Brandschutz (DIvB) Jörg-Uwe Strauß. Allerdings müsse bereits in der Planungsphase ein hoher baulicher, anlagentechnischer und organisatorischer Brandschutz berücksichtigt werden.
Oben wohnen, unten einkaufen
Das größte Potenzial sieht die Studie in der Aufstockung von Gebäuden aus den 1950er bis 1960er-Jahre sowie von Büro- und Verwaltungsgebäuden. Die bereits im vergangenen Jahr bekannt gewordenen Pläne großer deutscher Discounter einige ihrer Märkte abzureißen und mit Wohnungen zu überbauen, wurden bei der Ermittlung des Gesamtpotenzials ebenfalls berücksichtigt. Damit dieses Wohnraumpotenzial gehoben werden kann, muss jedoch das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht modifiziert werden, wie die Studie feststellt.„Gerade bei der Aufstockung bestehender Gebäude muss der Brandschutz zwingend schutzzielorientiert überprüft undangepasst werden“, so Strauß. Dabei müsse in jedem Einzelfall bedacht werden, dass sich die Nutzungsart des Gebäudes möglicherweise ändert und sich anschließend mehr Menschen im Gebäude aufhalten. Im Fall eines Brandes müssen angemessene Flucht- und Rettungswege sowie weitere notwendige Brandschutzeinrichtungen gegen Feuer und Rauch vorhanden sein. Zudem darf die Feuerwehr durch den Umbau nicht in ihrem Löschangriff behindert werden.
Sicherheitsaufzüge als 2. Rettungsweg
In diesem Kontext sollte auch nach Ansicht des DIvB über Änderungen und Erleichterungen im Bauordnungsrecht nachgedacht werden. So könnten beispielsweise zusätzlich installierte Sicherheitsaufzüge als 2. baulicher Rettungsweg in aufgestockten Gebäuden anerkannt werden, wenn die Infrastruktur der Feuerwehr dies ermöglicht und ein wirksamer Löschangriff sichergestellt ist. Solche Aufzüge unterstützen nicht nur die Selbstrettung der Bewohner, sondern ermöglichen ihnen zudem einen barrierefreien Zugang zur Wohnung und erhöhen dadurch den Wohnkomfort. Die Mehrkosten für Aufzüge und die Wertsteigerung der Immobilie halten sich dabei die Waage.
Aufstocken rechnet sich
Generell wird der Aufwand für einen aktuellen vorbeugenden Brandschutz gegenüber den Vorteilen einer Nachverdichtung überschaubar bleiben: Schließlich sind Grundstück und Infrastruktur bereits vorhanden. Durch die effizientere Nutzung des Grundstücks ist es möglich, den zusätzlichen Wohnraum kostengünstig zu errichten. Eine Gebäudeaufstockung ist zudem für viele Immobilienbesitzer eine gute Gelegenheit, unsanierte Gebäude sowohl beim Energieverbrauch als auch in Sachen Brandschutz preiswert auf den neuesten Stand zu bringen.